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Junge Tischler

Geschäftsführer mit Anfang 20

Moritz Schumacher hat erfolgreich die Schreinerei Bellut übernommen. (Foto: Schreinerei Bellut)

Der sogenannten Generation Y wird ja so einiges nachgesagt, beispielsweise, dass ihre Vertreter deutlich egoistischer seien und anstelle einer Führungsposition lieber mehr Freizeit anstreben. Moritz Schumacher hat das nicht abgehalten und aller Vorwürfe zum Trotz einen Schreinerbetrieb übernommen, mit gerade einmal 24. Ein Interview.

Herr Schumacher, warum sind Sie überhaupt Schreiner geworden?

Der Weg war eigentlich vorgezeichnet, da ich hobbymäßig schon immer viel und gerne mit Holz gearbeitet habe. Nach meinem Realschulabschluss habe ich mir natürlich trotzdem die Frage gestellt, ob ich eine Ausbildung machen soll oder Abitur, um anschließend zu studieren. Aber ehrlich gesagt hatte ich gar keine Lust mehr auf Schule und so ist es dann eine Schreinerlehre geworden. 

 

So weit so normal – aber wie sind Sie dann quasi vom Auszubildenden zum Betriebsnachfolger geworden?

Zunächst einmal hat mir die Ausbildung großen Spaß gemacht. Zudem habe ich mich mit meinem damaligen Chef Jürgen Bellut sehr gut verstanden. Und als ich dann im dritten Ausbildungsjahr war, hat er mich dann plötzlich beim gemeinsamen Frühstück gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, einmal seinen Betrieb zu übernehmen. 

 

Wie haben Sie reagiert?

Ich war natürlich vollkommen überrascht und musste erst einmal darüber nachdenken. Es war zwar immer ein Traum von mir gewesen, mich selbstständig zu machen, aber so früh hatte ich das nicht geplant.

 

Wie lange haben Sie für die Entscheidung gebraucht?

Insgesamt habe ich ein halbes Jahr für die Entscheidung gebraucht. Letztlich habe ich mir gesagt: „Das ist das, was du immer wolltest!“ und „So eine Chance kommt so schnell nicht wieder!“ Zudem hat der Betrieb hat von Anfang an super zu mir gepasst: Elektro-Autos im Fuhrpark, Maschinen, die zum Teil über Photovoltaik-Anlagen betrieben werden, menschlich top. So hätte ich das bei einem eigenen Betrieb auch machen wollen. 

 

Und Zweifel?

Die hatte ich natürlich auch – damals war ich ja nicht einmal mit meiner Lehre fertig und hatte kaum Berufserfahrung – aber ich habe zum Glück eine tolle Familie und gute Freunde, die mir sehr bei der Entscheidung geholfen haben. Und nicht zuletzt hat auch das gute Verhältnis zu meinem damaligen Chef eine große Rolle gespielt.

 

Das müssen Sie bitte genauer erklären.

Das nötige Vertrauen war da. Wir haben einfach offen über alles gesprochen und einen Plan gemacht, wie die Übernahme des Betriebs in den kommenden Jahren laufen soll. Dann habe ich erst einmal meine Ausbildung abgeschlossen und 2015 in Vollzeit meinen Meister gemacht. Danach bin ich dann zum Betrieb zurückgekehrt und 2017 in die Geschäftsführung eingestiegen.

 

Wie ist das dann genau abgelaufen?

Wir hatten eine zweijährige Übergangs- und Einarbeitungsphase vereinbart, während der wir von Anfang an gleichrangige Partner waren. Beispielsweise haben wir es so geregelt, dass Entscheidungen über die Zukunft des Betriebs eher bei mir liegen und dass Entscheidungen über das Tagesgeschäft eher bei ihm liegen. Dabei haben wir ganz offen über alles gesprochen und haben die Entscheidungen diskutiert. So konnte ich nach und nach die Führung des Betriebs lernen.

 

Gab es auch Reibungspunkte?

Überhaupt nicht. Im Zweifelsfall habe ich auf Herrn Bellut gehört - er hat den Betrieb schließlich aufgebaut und 30 Jahre lang super geführt. Und als junger Mensch ist man auch dankbar dafür, wenn der Erfahrene einem hin und wieder auch einen Ratschlag gibt. Insgesamt muss ich sagen, dass mein ehemaliger Chef es mir wirklich einfach gemacht hat. Er hat den Übergang von Anfang an sehr gut gegenüber Kunden und Partnern kommuniziert und mir einen guten Betrieb hinterlassen.

 

Wie war es dann für Sie, der Chef des Betriebes zu sein, in dem Sie noch vor kurzem Ihre Ausbildung gemacht hatten?

Erst einmal war das natürlich komisch. Aber ich habe von vornherein mit allen darüber gesprochen und alle waren eigentlich froh, dass es mit dem Betrieb weitergehen wird. Und unser Geselle, mit dem ich als Azubi auch öfter mal auf Montage war, macht seither gerne Witze darüber, dass er seinen neuen Chef ausgebildet hat.

 

Hat Sie das Chefsein verändert? Wie gehen Sie zum Beispiel mit dieser Verantwortung um?

Als Geschäftsführer wird man zwangsläufig schnell erwachsen. Wichtige Entscheidungen müssen getroffen werden und es gibt niemanden, hinter dem man sich verstecken könnte. Daher treffe ich Entscheidungen natürlich viel bedachter, als ich das noch als Angestellter getan hätte.

 

Welchen Tipp würden Sie anderen Betrieben geben, die vor derselben Herausforderung stehen?

Aus meiner Sicht ist ein gutes Verhältnis zwischen Vorgänger und Nachfolger wichtig. Beide sollten über alles sprechen können. Probleme müssen immer offen angesprochen werden, damit gar nicht erst Unmut entsteht. Außerdem sollte die Nachfolge klar, konkret und transparent geregelt sein. Und nicht zuletzt sollte man als junger Mensch auch auf die „Alten“ hören.

 

Herr Schumacher, vielen Dank für das Gespräch.