Frühjahrsempfänge des Tischlerhandwerks in Rheinland-Pfalz und Hessen

Selbstbewusst, aber skeptisch

Die traditionellen Frühjahrsempfänge des rheinland-pfälzischen und des hessischen Tischlerhandwerks fanden in diesem Jahr Anfang Februar einerseits in den Räumlichkeiten der Schreinerei Thomas Stauder in Mainz und eine Woche später bei der Noll Fensterbau GmbH in Mühlheim am Main statt. Es ist schon lange Tradition, diese Veranstaltungen in einem Mitgliedsbetrieb durchzuführen, um den Gästen aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft neben echter Werkstatt-Atmosphäre auch die Leistungsfähigkeit des Tischlerhandwerks zu vermitteln.


Als Gäste und Gesprächspartner waren in Mainz neben dem Ehrengast Hendrik Hering, Landtagspräsident von Rheinland-Pfalz auch die Landrätin im Landkreis Mainz-Bingen, Dorothea Schäfer sowie Dominik Ostendorf, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Rheinhessen vor Ort.


Sie wurden von Landesinnungsmeister Stefan Zock begrüßt, der in seiner Eröffnungsrede ungeschminkt die Situation und Stimmung bei vielen Unternehmern im Handwerk in Rheinland-Pfalz beschrieb. Dabei übte er Kritik an der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung, die vor dem Hintergrund schlechter Wirtschaftsprognosen die falschen Signale setze. Zock äußerte in diesem Zusammenhang Verständnis für die Protestwelle in der Landwirtschaft und verwies auch auf das Schreiben der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft an Bundeskanzler Scholz. Der Landesinnungsmeister und Präsident des Fachverbandes Leben Raum Gestaltung forderte eine wirtschaftsfreundlichere Politik mit schnellen und wirksamen Entlastungen.


Hausherr Thomas Stauder beschrieb in seiner Begrüßung, wie er in der Praxis mit den gestiegenen Energiekosten und auch bürokratischen Hürden umgehe. Der Betriebsinhaber wies aber auch darauf hin, dass einige Impulse seitens des Gesetzgebers in seinem Unternehmen insgesamt zu einer Effizienzverbesserung geführt hätten.


Da sie selbst aus einem Handwerksbetrieb stamme, äußerte Dorothea Schäfer in ihrem Grußwort großes Verständnis für die Standpunkte der kleinen und mittelständischen Betriebe in der Region. Die Antwort sei kluge Wirtschaftspolitik auf lokaler Ebene, so die Landrätin im Landkreis Mainz-Bingen. Dominik Ostendorf warb anschließend in seiner kurzen Begrüßung als zuständiger Vertreter der Handwerkskammer für die Ausbildung im Handwerk.


Gastredner Hendrik Hering ging in seiner Rede mit dem Titel „Demokratie braucht uns alle!“ auf die von Landesinnungsmeister Zock beschriebene Stimmung im Land ein. Er beschrieb die Gefahr, die aus seiner Sicht von populistischen und radikalen Parteien für die Gesellschaft und auch die Demokratie in Deutschland ausgehe. Dennoch kam er nicht umhin, auch die Argumente und die Situation des Handwerks zu berücksichtigen.


Verbandsgeschäftsführer Hermann Hubing wiederum nahm Herings Ausführungen zum Anlass, in seinem Schlusswort erneut die Position des Tischlerhandwerks klarzustellen. Er sehe weniger die Demokratie in Gefahr als den Wirtschaftsstandort Deutschland. Zumal eine starke Wirtschaft erst die Grundlagen für Wohlstand und damit den nötigen gesellschaftlichen Zusammenhalt schaffe. Politischer Alarmismus, der eine Spaltung der Gesellschaft in „wir“ und „die“ befeuere, helfe in der jetzigen Situation nicht weiter.   

 

Ganz im Zeichen eines selbstbewussten Tischlerhandwerks stand auch der hessische Frühjahrsempfang bei der Noll GmbH in Mühlheim. Nach der Begrüßung durch Landesinnungsmeister Wolfgang Kramwinkel und Betriebsinhaber Christoph Noll hielten auch der Landrat des Kreises Offenbach Oliver Quilling und der Bürgermeister der Stadt Mühlheim, Dr. Alexander Krey, kurze Grußworte.


Kramwinkels Begrüßung sollte nach seinen Worten ausdrücklich dazu dienen, den Gästen Anregungen für Gespräche zu geben. Mit Blick auf die ebenfalls anwesenden Landtags- und Bundestagsabgeordneten Christoph Mikuschek und Björn Simon ging Hessens Landesinnungsmeister auf das Misstrauen der Politik gegenüber Unternehmern und dessen Folgen, nämlich einer in seinen Augen seit Jahren verfehlten Wirtschaftspolitik, ein. Diese bescherte den kleinen und mittleren Betrieben im Handwerk inzwischen so viel Auflagen und bürokratische Zumutungen, dass sie viele jungen Meisterinnen und Meister von der Gründung oder Übernahme abschrecke.


Gastrednerin in Mühlheim war die Präsidentin der Handwerkskammer Rhein-Main, Susanne Haus, selbst Meisterin und Restauratorin im Maler- und Lackiererhandwerk. Der Titel ihres Vortrages lautete „Meisterhaftes Handwerk in Hessen – Tradition, Innovation und Erfolg", allerdings ließ sie, wie Landesinnungsmeister Wolfgang Kramwinkel zuvor und anschließend Verbandsgeschäftsführer Hermann Hubing, auch die aktuellen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen nicht unerwähnt.


Der gastgebende Fachverband Leben Raum Gestaltung Hessen/Rheinland-Pfalz sprach, wie schon in Mainz, alle Sinne seiner Gäste an; für das leibliche Wohl war daher ebenso gesorgt wie für – handgemachte – dezente Hintergrundmusik. Auch die Inhaberfamilie Noll tat ihr Übriges, damit sich die zahlreichen Gäste wohl fühlten. Gleich mehrere Betriebsrundgänge durch das beeindruckende Familienunternehmen waren nötig, um die Neugier aller Besucher zu befriedigen. Die starke Parterin des Fachverbandes, die SIGNAL IDUNA Versicherung, hat auch in diesem Jahr beide Frühjahrsempfänge großzügig unterstützt und somit zum Erfolg dieser Veranstaltungen beigetragen.