Volles Haus und intensive Diskussionen bei der Berufsbildungstagung 2022


Über 50 Fachleute für Berufsbildung, unter ihnen Obermeister, Lehrlingswarte, Fachlehrer und Prüfungsausschussvorsitzende an beruflichen Schulen, nahmen an der Berufsbildungstagung der Landesverbände des Tischlerhandwerks in Hessen und Rheinland-Pfalz Anfang März in Bad Wildungen teil. Um den gewünschten kollegialen Meinungsaustausch und die konstruktive Expertendiskussion zu fördern, fand die Tagung in Präsenz, jedoch unter Einhaltung strenger Sicherheitsmaßnahmen statt. Dieses Abwägen der Interessen beschrieb auch Vorstandsmitglied Marco Gretsch in seiner Rolle als Ausschussvorsitzender Berufsbildung in Hessen während seiner Begrüßungsrede. Zugleich betonte er die Notwendigkeit breiter Abstimmung aller an der Berufsbildung im Tischlerhandwerk Beteiligten. Die Herausforderung für Betriebe und Schulen, geeignete Nachwuchskräfte zu finden und auszubilden, ließe sich nur gemeinschaftlich bewältigen.  

 

Im Anschluss stellten sich die neu gewählten Mitglieder der Berufsbildungsausschüsse für Hessen und Rheinland-Pfalz vor. Dies sind, neben Gretsch selbst, Joachim Hildebrandt von der Schreinerei Hildebrandt in Dreieich, Julian Lauth von der Butzbacher Holzfreude GmbH, Günter Musfeld von der Holzfachschule Bad Wildungen als Arbeitnehmervertreter und, als Vertreter der beruflichen Schulen, Klaus Weger aus Bebra. Der Berufsbildungsausschuss für Rheinland-Pfalz setzt sich aus dem Ausschussvorsitzenden André Stock aus der Trierer Schreinerei Adams GmbH, Patrick Spies von der Tischlerei Spies aus Nistertal Marcel Klotz von der Fenster Klotz GmbH in Worms, Arbeitnehmervertreterin Nina Follmann vom Schreinerladen Föhren sowie Alexandra Birk-Märker von den Beruflichen Schulen Mayen zusammen. Letztere bekam zudem von Hubing für ihr Engagement in der Berufsbildung das Ehrenabzeichen in Silber verliehen. 

 

Dr. Johann Quatmann, Hauptgeschäftsführer des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, warb im nächsten Tagesordnungspunkt für die von tischler.nrw betriebene Internetplattform „Tischler Schreiner Campus“. Sie soll vor allem digital aufbereitete Lerninhalte zur Berufsausbildung bereitstellen und kann auch von anderen Landesverbänden genutzt werden. Quatmann beschrieb ausführlich die einzelnen Funktionalitäten der Lernplattform und gab zahlreiche Anwendungsbeispiele. Ein großer Vorteil eines solchen zentral verwalteten Angebots sei unter anderem, dass alle Inhalte ständig erweitert und auf dem neuesten Stand gehalten werden könnten. Anschließend berichtete Quatmann über die Einführung eines digitalen Berichtsheftes. Beide Themen wurden im Plenum ausführlich und überwiegend zustimmend besprochen.

 

Im Anschluss stellte Hauptgeschäftsführer Hubing die Ergebnisse der vom Fachverband Leben Raum Gestaltung in Auftrag gegebenen Studie über das Tischlerhandwerk in Hessen und Rheinland-Pfalz vor. Hier hatte sich rund ein Viertel aller Mitglieder in beiden Landesverbänden beteiligt. Insgesamt hatten 307 Betriebe angegeben, zurzeit auszubilden. Dies entspricht 69 Prozent aller befragten Unternehmen. Da bundesweit insgesamt nur ein Viertel aller Betriebe im Tischlerhandwerk ausbildet, bedeutet dies nach Ansicht des Hauptgeschäftsführers, dass Innungsbetriebe möglicherweise stärker als Nicht-Innungsbetriebe ausbilden. Denkbar sei allerdings auch, dass sich Ausbildungsbetriebe überdurchschnittlich häufig an der Umfrage beteiligt haben.

 

Alexandra Birk-Märker, Oberstudiendirektorin der Carl-Burger-Schule Mayen und Hubing stellten nach der Kaffeepause verschiedenen Möglichkeiten der Neugestaltung der Ausbildung durch Schwerpunktbildung vor. Hubing berichtete in diesem Zusammenhang von den Ergebnissen der Umfrage zur Berufsbildung im Tischlerhandwerk.

 

Besonders interessante Erkenntnisse lieferten laut Hubing hier die Auswertungen der Fragen nach der Ausgestaltung der Tischlerausbildung sowie der Einführung eines Grundausbildungslehrgangs. Bei der Frage nach der Organisationsform hätten knapp 65 Prozent der Betriebe den Typ des Generalisten bevorzugt, während sich 30 Prozent für eine Spezialisierung im dritten Ausbildungsjahr aussprachen. Bemerkenswert sei vor diesem Hintergrund die Auswertung der Frage gewesen, welchen Ausbildungsschwerpunkt die Betriebe bei einer Spezialisierung im dritten Ausbildungsjahr bevorzugen würden. Hier wollten nur noch 36 Prozent zum Generalisten ausbilden, während 50 Prozent zukünftige Möbeltischler, 27 Prozent Bautischler und 20 Prozent Montagetischler ausbilden wollen würden.

 

Oberstudiendirektorin Birk-Märker bestätigte anschließend das abgegebene Meinungsbild mit Erkenntnissen aus der schulischen Praxis. Sie stellte zudem verschiedene Umsetzungsmodelle und Möglichkeiten vor, wie die Tischlerausbildung zukünftig gestaltet werden könnte. Dieser Tagesordnungspunkt wurde von den Teilnehmern intensiv diskutiert, eine ganze Reihe Wortbeiträge aus dem Publikum bestätigten die Einschätzungen Birk-Märkers und Hubings, andere Teilnehmer berichteten aus ihrem schulischen Alltag von anderen Eindrücken und waren dementsprechend kritisch gegenüber Veränderungen eingestellt. Marco Gretsch in seiner Rolle als Moderator lobte den engagierten Austausch, der zeige wie notwendig Präsenzveranstaltungen seien, die den offenen Austausch unter Fachleuten ermöglichten.

 

 

 

Jan Dröge, Ausbildungsmeister der Holzfachschule Bad Wildungen und Hermann Hubing berichteten zum letzten Tagesordnungspunkt des Freitags über die diesjährigen Berufswettbewerbe in Hessen und Rheinland-Pfalz. Dröge wies unter anderem auf den Termin für die Anmeldung zu den Hessischen Meisterschaften im Tischlerhandwerk hin, diese müsse bis zum 17. August bei den Kammern erfolgen. Der Wettbewerb selbst findet am 10. September 2022 an der Holzfachschule Bad Wildungen statt.

 

Die Lehrlingswettbewerbe Hessen und Rheinland-Pfalz stehen in diesem Jahr unter dem Motto „Drunter+Drüber“, die Siegerehrungen finden am Ende der Ausstellungsphasen am 21. Juni im Kinopolis Koblenz sowie am 22. Juni im Kinopolis Gießen statt. Beide Veranstaltungen seien in Innungen und Ausbildungsbetrieben auf großes Interesse gestoßen, traditionell wäre in Rheinland-Pfalz allerdings eine regere Beteiligung zu verzeichnen. Ähnliches gelte für den Gestaltungswettbewerb „Die Gute Form“. Ausstellung und Siegerehrung finden hier von Ende Oktober bis Anfang November statt. Dröge gab zum Abschluss auch einen Ausblick auf die Trainingseinheiten zu den WorldSkills, die im April und August an der Holzfachschule stattfinden werden.

 

Der Tagungs-Samstag begann mit drei kurzen Vorträgen, zunächst dem Bericht aus dem Erstellungsausschuss durch Holzfachschul-Dozent Karsten Mrzyglod. Jonas Obst, Schulungsleiter an der Akademie des Handwerks Ruhr in Bochum stellte zudem die Organisation und Durchführung eines Grundausbildungslehrgangs für Tischler vor. Günter Musfeld, Dozent an der Holzfachschule Bad Wildungen, berichtete vor der Kaffeepause zudem ausführlich über die inhaltliche Neukonzeption der TSM- und TSO-Lehrgänge.

In der von Hauptgeschäftsführer Hubing moderierten Diskussion zeigte sich wie schon am Vortag, wie wichtig ein unmittelbarer Kontakt zwischen den Hauptakteuren der Berufsbildung im Handwerk ist. Nicht nur wurden vielfältige Praxiserfahrungen ausgetauscht auch Standpunkte wurden verfeinert und abgeglichen – für die Gespräche mit Politikvertretern auf Landesebene ein für die Fachverbandsseite unschätzbarer Vorteil.

 

Den Abschluss des Tagungsprogrammes bestritten Fridtjof Ludwig, Abteilungsleiter Marketing und Kommunikation des Bundesverbandes Holz und Kunststoff und Alexandra Willems, die als Inhaberin des Unternehmens „Schreiben fürs Handwerk“ Handwerksbetriebe beim Auftritt in den sozialen Netzwerken berät. Unter dem Tagesordnungspunkt „Nachwuchswerbung – analog und digital“ berichteten sie über mögliche Aktivitäten des Verbandes und der Betriebe zur Nachwuchsgewinnung wie ein bundesweites Informations- und Werbeportal sowie die interessanten und vielfältigen Möglichkeiten, wie Betriebe selbst bei facebook oder Instagram ihr Firmenimage stärken und so auf sich als attraktiver Ausbilder und Arbeitgeber aufmerksam machen können.

 

Die Berufsbildungstagung 2022 an der Bad Wildunger Holzfachschule ging mit einem gemeinsamen Mittagessen zu Ende.

Download
220304_Berufsbildungstagung01.jpg
JPG Bild 7.6 MB
Download
220304_Berufsbildungstagung02.jpg
JPG Bild 6.0 MB
Download
220304_Berufsbildungstagung03.jpg
JPG Bild 7.5 MB
Download
220304_Berufsbildungstagung04.jpg
JPG Bild 6.8 MB
Download
220304_Berufsbildungstagung05.jpg
JPG Bild 8.3 MB
Download
220304_Berufsbildungstagung06.jpg
JPG Bild 7.8 MB
Download
220304_Berufsbildungstagung07.jpg
JPG Bild 8.0 MB